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50 Geschichten: In der neuen Heimat

Dies ist ein aktueller Beitrag aus dem Mutter-Kind-Haus [1] 

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Mit Anfang 20 kam Ivie aus Kenia nach München. Es folgte ein ereignisreicher Weg mit Höhen und Tiefen. Durch die eigene Stärke, viel Fleiß und Selbstbewusstsein sowie die Unterstützung der Condrobs Familienhilfe schaffte sie es aber stets, die zahlreichen Herausforderungen zu bewältigen.

Ivie [Anm. d. Red.: Name geändert] wurde 1996 in der kenianischen Hauptstadt Nairobi geboren. Dort wuchs sie auf und besuchte die Schule. Im Sommer 2018 verließ sie ihr Heimatland, um als Au-pair in München zu arbeiten. Ein riesiger Schritt, weg aus der vertrauten Umgebung in ein völlig fremdes Land auf einem anderen Kontinent.
Ivie gelang es jedoch, in der bayerischen Hauptstadt Fuß zu fassen. Nach ihrer Au-pair-Zeit fand sie 2019 einen Job als Pflegehelferin. Doch das Leben hielt eine Überraschung bereit: Ivie wurde schwanger. Schon während der Schwangerschaft brach der Kontakt zum Kindsvater jedoch ab und Ivie sah sich einem Berg an Herausforderungen gegenüberstehen.

Kein leichtes Unterfangen

Im April 2020 wurde Ivies Tochter Tadisa [Anm. d. Red.: Name geändert] geboren. Die beiden zogen im Mai 2020 in unser Mutter-Kind-Haus [1]. Seither hat sich vieles verändert: die beiden mussten sich kennenlernen und eine gute Beziehung zueinander aufbauen, Ivie verbesserte nebenbei ihre Deutschkenntnisse.
Um ihren Aufenthalt zu sichern, begann Ivie bereits wenige Monate nach der Geburt einen Plan zu entwickeln. Sie wollte eine Ausbildung anfangen. Doch dafür musste sie zuerst einmal einige Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehörte beispielsweise die Anerkennung ihres Schulzeugnisses aus Kenia. Kein leichtes Unterfangen: Nach der Prüfung durch die Zeugnisanerkennungsstelle stand fest, dass Ivie eine externe Prüfung für den Mittelschulabschluss ablegen und bestehen musste, um überhaupt für eine Ausbildung zugelassen zu werden.

Fleiß und Mühe

Damit tat sich die nächste Hürde auf: Diese Prüfung besteht zu großen Teilen aus Text-Verständnis-Aufgaben – für Ivies sprachlichen Kenntnisstand zum damaligen Zeitpunkt eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Sie musste dringend ihr Deutsch verbessern. Ivie besuchte dafür einen digitalen Sprachkurs, erhielt zudem digitale Nachhilfe und versuchte so viel wie möglich zu lernen. Ihr Fleiß und die ganze Mühe machte sich bezahlt: Im Sommer 2021 bestand Ivie alle Prüfungen und bekam ein Abschlusszeugnis der Mittelschule! Damit konnte sie sich endlich bewerben! Dabei haben die Kolleg*innen vom MuKi sie vor allem beim Suchen und Finden der Deutschkurse und bei der Ausbildungssuche intensiv unterstützt und sie bei der rechtlichen Beratung zu ihrem Aufenthalt begleitet. Auch die Suche nach dem Kita-Platz wurde aktiv mitgestaltet.
Ihr Wunsch, eine Pflegeausbildung zu machen, zerschlug sich jedoch schnell. Der in Pflegeheimen und Kliniken übliche Schichtdienst ließ sich nicht mit der Kinderbetreuung einer Einjährigen kombinieren. Ihre Tochter hatte sie aufgrund des Drucks, für ihren Aufenthaltsstatus in Deutschland sorgen zu müssen und auch, um ihren Plan verwirklichen zu können, schon vor dem ersten Geburtstag in Fremdbetreuung gegeben. Zunächst bei einer Tagesmutter, dann in einer Kita.
Zwar gibt es eine hohe Nachfrage nach Pfleger*innen, Teilzeitausbildungen sind jedoch nicht so einfach möglich…

Probleme, die nach Lösungen verlangen

Ivie wollte jedoch nicht taten- und ausbildungslos bleiben. Deswegen bewarb sie sich noch zusätzlich auf einen Ausbildungsplatz im Einzelhandel. Dort bekam sie eine Zusage. Im September 2021 konnte Ivie mit der Ausbildung starten. Und auch für das Problem, die Betreuungszeiten und Ivies Ausbildungszeiten unter einen Hut zu bekommen, wurde eine Lösung gefunden: Tadisa konnte von der Tagesmutter in eine reguläre Kinderkrippe wechseln.
Allerdings ergab sich direkt eine neue Schwierigkeit: das Kinderkrippenjahr und das Berufsschuljahr starten zur selben Zeit. Ein Kind, das in eine Kinderkrippe besucht, hat jedoch eine Eingewöhnungsphase von etwa 4 Wochen. In dieser Zeit werden die kleinen Kinder schrittweise an die Abwesenheit ihrer Eltern gewöhnt. Ivie musste direkt zum Beginn der Ausbildung unbezahlten Urlaub in ihrem Ausbildungsbetrieb nehmen und hat natürlich auch den wichtigen Start der Berufsschulzeit verpasst.

Hürden werden genommen

Ein wackeliger Start, der viel Selbstbewusstsein erfordert. Aber Ivie hat nie aufgegeben. Sie hat alle Hürden genommen, die sich vor ihr aufgebaut haben. Und Ivie ist auf ihrem Weg nie allein. Sie kann sich stets der Unterstützung der Condrobs Familienhilfe sicher sein. Gemeinsam wird es uns auch künftig gelingen, die sich auftuenden Probleme zu bewältigen, damit Ivie und Tadisa ein gutes Leben in ihrer neuen Heimat Deutschland haben.