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50 Geschichten: Zuhören und Verstehen

Dieser Beitrag erschien erstmals in der ersten Ausgabe der ConNews 2006 in der Rubrik „Kleine Freuden des Alltags“ und stammt von Josef Strohbach, damals Leiter der Condrobs Suchtberatungsstelle Garmisch-Partenkirchen [1]

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Vor einiger Zeit arbeitete ich eine neue Mitarbeiterin ein, die für den Job extra von Niedersachsen nach Oberbayern gezogen war. Um sie mit allen Facetten der hiesigen Suchtarbeit vertraut zu machen, führte ich viele Erstberatungsgespräche in ihrem Beisein.

Unter ihnen war einmal eine Angehörige eines Suchtkranken, die recht ausführlich und drastisch die Suchtprobleme in ihrer Familie in bayerischer Sprache schilderte. Sie benannte zahlreiche Details und Zusammenhänge, um uns umfassend ins rechte Bild zu setzen. Sie weinte dabei viel, musste sich immer wieder die Nase putzen und ihre Tränen abtupfen. Selbst für mich als erfahrenen Therapeuten war dies eine recht schwierige und anstrengende Situation.

Die neue Mitarbeiterin verfolgte die Sitzung sehr angespannt und konzentriert. Ich bedankte mich schließlich bei der Klientin für ihre ausführliche Schilderung und dafür, dass wir uns nun ein gutes Bild von ihrer Lage machen können.

Da meldete sich die neue Mitarbeiterin zu Wort:
„Ich habe ja alles verstanden, nur wer ist denn dieser ‚Meimo‘, den Sie so oft erwähnt haben?“
Zuhören und Verstehen sind doch zwei Paar Stiefel…