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Zunehmende Verschärfung der Kinderarmut

Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt, dennoch wächst die Anzahl der Kinder, die von Armut betroffen oder tatsächlich arm sind, unaufhörlich an. Dies geht aus einer von der Paritätischen Forschungsstelle über einen Zeitraum von 10 Jahren durchgeführten Studie hervor.

Überproportional hohe Armutsquote

In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Die Armutsquote in dieser Gruppe ist von 18,2 Prozent im Jahr 2010 auf 20,5 Prozent im Jahr 2019 gestiegen. Ganze 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche leben derzeit in Armut – etwa 350.000 mehr, als vor knapp 10 Jahren. Sie stellen damit einen überproportional hohen Anteil der armen Gesamtbevölkerung. Als Einordnung: einer gängigen EU-Definition zufolge gelten jene Haushalte als arm – in Deutschland oft noch als „armutsgefährdet“ bezeichnet –, die mit weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen mittleren Einkommens auskommen müssen.

Ineffektives System

Dass diese besorgniserregende Entwicklung trotz absinkender Hartz-IV-Quoten stattfindet, hängt dem Paritätischen Wohlfahrtsverband zufolge an der Ineffektivität des aktuellen sozialen Sicherungssystems. Von der Regierung verabschiedete Maßnahmen und Reformen wie beispielsweise der Kinderzuschlag haben zwar dafür gesorgt, dass Familien mehr bestimmte Sozialleistungen erhalten, aber die Armutsgefährdung v.a. der Kinder und Jugendlichen ist damit keineswegs beseitigt worden.

Nicht selten fallen Kinder, Jugendliche und ihre Familien sowie junge Erwachsene durchs soziale Raster. Zu wenig niedrigschwellige Angebote für Hilfsmaßnahmen, ungeklärter Rechtsstatus bei geflüchteten Frauen* und Kindern, prekäre Lebenssituation Alleinerziehender und junger Erwachsener. Es gibt viele Gründe, weshalb Kinder und Jugendliche in Armut landen. Mit Angeboten wie Ambulanter Erziehungshilfe, Familienzentren, SwiM, Mutter-Kind-Haus, Asylsozialberatung in der Frauen*unterkunft, Projekt Messestadt Riem, Streetwork etc. ist Condrobs für viele Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Familien eine wichtige und zentrale Hilfe. Die aktuell gestiegenen Bedarfe benötigen rasches Handeln. Langfristig müssen die strukturell bedingten sozialen Benachteiligungen, die sich nun umso deutlicher offenbaren, beseitigt werden.

Maßnahmen dringend notwendig

Denn die Schlussfolgerung des Paritätischen spricht eine klare Sprache: Die Leistungen der Grundsicherung sind deutlich zu niedrig bemessen, während zusätzliche familienpolitische Maßnahmen nicht ausreichen. Um effektiv gegen Armut vorzugehen, bedarf es der Einführung einer bedarfsgerechten, einkommensabhängigen Kindergrundsicherung sowie eines Rechtsanspruchs auf Angebote der Jugendarbeit. Darüber hinaus müssen die Themen Grundsicherung, Verteilung sowie Arbeitsmarktorganisation für eine nachhaltige Minderung der Armut von Eltern und deren Kindern angegangen werden.

Schnelles Handeln hat dabei absolute Priorität, denn die dramatischen Folgen der Coronapandemie sind in diesen Bericht noch gar nicht eingeflossen. Soziale Ungleichheiten und Benachteiligungen sind durch die Krise sichtbarer und an vielen Stellen noch größer geworden.

Verschärfung durch die Krise

Beispielhaft werden die gestiegenen Bedarfe im Rahmen der Schulsozialarbeit von Inside@School offenbar. Bereits bestehende Probleme haben sich unter Lockdown-Bedingungen verschärft, der Hilfebedarf insgesamt ist gestiegen. Strukturelle Benachteiligungen und systemimmanente Faktoren wirken sich individuell auf Kinder, Jugendliche und Familien aus. In einigen Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status zeigte der fehlende Präsenzunterricht besonders dramatische Auswirkungen, da es an vielerlei Kompensationsmöglichkeiten mangelt, die in anderen Familien selbstverständlich sind. So fehlte u.a. die Ausstattungen für Endgeräte, um am Distanzunterricht teilnehmen zu können. Über gespendete Laptops hat Condrobs in über 50 Familien die unmittelbarsten Engpässe abgemildert. Die Fachkräfte von Condrobs haben mit intensiver Betreuung den sich abzeichnenden Lernrückständen soweit wie möglich entgegengewirkt.

Die nun zunehmend sichtbar werdenden Auswirkungen der Krise zeigen, dass die Kinder- und Jugendhilfe an jeder Stelle besonders gefordert und nötig ist. Die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen müssen mit Nachdruck erfüllt werden, Benachteiligungen, strukturelle Ausgrenzungen, insbesondere deren Verschärfung dürfen nicht hingenommen werden. Die entsprechende politische Weichenstellung ist hierzu dringend erforderlich.

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