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MENSCHEN. RECHT. GESUNDHEIT. Ein Fotoprojekt der Clearingstelle

Teil des sozialen Versorgungsystems zu sein, ist für die allermeisten Menschen in Deutschland Normalität. Seit mehr als zwei Jahren haben aber auch Menschen ohne Krankenversicherung mit der von Robert Limmer geleiteten Condrobs Clearingstelle Gesundheit [1] in München-Schwabing eine Anlaufstation. Häufig befinden sich diese in prekären Lebenslagen, sind aus der Gesellschaft ausgeschlossen und haben keine Möglichkeit, ihrem Anliegen Ausdruck zu verleihen.

Im Zuge des von „Aktion Mensch“ geförderten Condrobs Kunstprojekts „KunstWege – Vom Leben gezeichnet“ [2], das zum 50-jährigen Jubiläum von Condrobs initiiert wurde, haben die Mitarbeiter*innen des Clearingstelle zusammen mit Klient*innen das Fotoprojekt MENSCHEN.RECHT.GESUNDHEIT. ins Leben gerufen, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen und den Betroffenen eine Stimme zu geben.

„Der Clearingstelle Gesundheit ist es gelungen, viel Vertrauen zu schaffen.“

Am 13. Juli wurde das Fotoprojekt im Feierwerk Farbenladen mehr als 50 geladenen Gästen vorgestellt. Bei sommerlichen Temperaturen begrüßte Katrin Bahr die Anwesenden: „Unser heutiger Abend ist einem noch relativ jungen Projekt gewidmet, das uns sehr am Herzen liegt: unserer Clearingstelle für Menschen ohne Krankenversicherung“, so die Condrobs-Vorständin einleitend. „Die eigene Bedürftigkeit ist mit hoher Scham besetzt und die Betroffenen finden ihren Weg in die Beratung nicht von selbst. […] der Clearingstelle Gesundheit ist es gelungen, viel Vertrauen zu schaffen.“

Bahr betonte, von welch großer Bedeutung es ist, mit Klient*innen Beziehungen herzustellen und ihnen die Chance zu geben, sich Gehör zu verschaffen: „Gerade diejenigen, die im Schatten der Gesellschaft leben und im öffentlichen Raum eher als störend wahrgenommen werden, haben über das Kunstprojekt den Mut gewonnen, sich zu zeigen und uns ihre Botschaft mitzugeben: Gesundheit ist ein Menschenrecht.“

Ein erfolgreiches, notwendiges Modell

„Das Team der Clearingstelle versucht permanent, die Arbeit und unsere Hilfen, die Prozesse und Strukturen weiterzuentwickeln und zeigt dabei wahnsinnig viel Kreativität“, lobte Dr. Sophia Berthuet, Abteilungsleitung Integrations- und frauen*spezifische Hilfen bei Condrobs, die Mitarbeiter*innen der Einrichtung: „Ich möchte diesen offiziellen Rahmen dafür nutzen, um Euch zu danken!“ Anschließend gab Berthuet einen Einblick in die organisatorischen Abläufe der Gründung der Clearingstelle. Diese waren geprägt von Vertrauen und einer engen Zusammenarbeit mit u.a. dem Sozial- und dem Gesundheitsreferat und immer im Sinne der Klient*innen.

Wie bereits zuvor Katrin Bahr, verlieh auch Sophia Berthuet ihrem Wunsch Ausdruck, dass das auf vorerst drei Jahre festgelegte Modellprojekt dauerhaft etabliert wird: „Ich hoffe, dass der Stadtrat im Herbst das Projekt verstetigt. Daumen drücken!“. Dass man die Hälfte der Betroffenen in den vergangenen zwei Jahren in Versicherungen vermitteln oder zumindest Leistungsträger für medizinische Behandlungen für sie finden konnte, zeige, so Berthuet, dass dieses Modell sowohl notwendig als auch erfolgreich sei.

„Ein weiteres richtungsweisendes Ergebnis der Zusammenarbeit“

Mit Gerhard Mayer trat als nächstes der Leiter des Amts für Wohnen und Migration der Landeshauptstadt München vor das Mikrofon, um ein Grußwort zu sprechen. Mayer betonte zu Beginn seiner Rede, wie wichtig Condrobs als starker, verlässlicher Partner im Bereich der sozialen Hilfen mit den zahlreichen individuellen Angeboten für die Stadt München ist. „Die Clearingstelle Gesundheit in der Konradstraße – dort, wo in den 70er Jahren die Geschichte von Condrobs begann – ist ein weiteres richtungsweisendes Ergebnis der Zusammenarbeit von Condrobs und dem Amt für Wohnen und Migration“, so Mayer.

„Die Notwendigkeit hat die Stadt erkannt und schon die bisherige 2,5-jähige Pilotphase zeigt, wie erfolgreich die Clearingstelle für Menschen ohne Krankenversicherung ist.“ Dass die Clearingstelle künftig mehr sein wird als nur ein temporäres Modellprojekt, ließ der Amtsleiter durchblicken: „Es zeichnet sich bereits ab, dass dies ein weiteres Erfolgsprojekt werden wird, auf das die Hilfelandschaft der Landeshauptstadt auch in Zukunft nicht mehr verzichten möchte und auch nicht verzichten sollte. Daher sind wir als Amt für Wohnen und Migration gerade mit Hochdruck dabei, den Stadtrat davon zu überzeugen, die Clearingstelle und den angebundenen Gesundheitsfond dauerhaft in München zu etablieren.“ 

Authentische Botschaften

Als finaler Redner war es nun an Einrichtungsleiter Robert Limmer, die Gäste zu begrüßen: „Heute wollen wir mit Ihnen die Fotoausstellung MENSCHEN.RECHT.GESUNDHEIT. eröffnen.“ Gleich zu Beginn erörterte Limmer, welche Dimension dem Projekt und damit auch der ganzen Clearingstelle zugrunde liegt: „Das Menschenrecht Gesundheit ist eines der wichtigsten der UN und erinnert an die Verpflichtung, die Deutschland mit der Ratifizierung des Sozialpaktes eingegangen ist. Strukturelle und gesetzliche Rahmenbedingungen decken dieses Recht leider nicht für alle Menschen in Deutschland ab.“

Im Zuge der „KunstWege“-Workshops zum Jubiläum von Condrobs kam im Clearingstellen-Team die Idee auf, hierauf durch ein Fotoprojekt aufmerksam zu machen. Dabei standen die Klient*innen im Mittelpunkt, deren Anliegen so transportiert werden konnten: „Passend zum Titel MENSCHEN.RECHT.GESUNDHEIT. baten wir die Klient*innen, Gedanken, Wünsche und Vorstellungen zu ihrer Situation auf eine kleine Tafel zu schreiben, mit der sie dann fotografiert wurden. Die muttersprachlichen Texte sind sehr authentische Botschaften und assoziieren in kurzen knappen Statements die schwierigen Lebenslagen.“ So entstanden mehr als 45 ausdrucksstarke, wirkungsvolle Porträts.

„…einfach viel zu hochschwellig.“

Wie weitreichend das Problem ist und wie viele Menschen davon betroffen sind, stellte Robert Limmer nochmal heraus: „Betroffen sind Migranten, Flüchtlinge, Deutsche die die Versicherungsbeiträge der privaten Krankenversicherung nicht mehr zahlen konnten und schon lange abgemeldet worden sind, Menschen ohne Papiere, Haftentlassene, Suchtkranke, Wohnungs- und Obdachlose und Menschen für die das Sozialsystem einfach viel zu hochschwellig ist.“

Durch viel Engagement seiner Mitarbeiter*innen Dragan Milakovic, Sandra Thull und Sophia Summer, der beteiligten Referate der Stadt, der Kooperationspartner*innen der sozialen Beratungsstellen, der medizinischen Anlaufstellen, der Ärzt*innen, der zahlreichen Ehrenamtlichen und etlicher Klinken und Apotheken ist es in den vergangenen Jahren jedoch gelungen, vielen Menschen wieder eine Gesundheitsversorgung zuteil werden zu lassen. „Nicht hoch genug zu schätzen ist die Hilfe für jede*n einzelne*n Klient*in, den*/die* wir in die Krankenversicherung reintegrieren oder Behandlungen über den Gesundheitsfonds zukommen lassen können“, so Robert Limmer abschließend.

Ein Abend in entspannter Atmosphäre

Im Anschluss sahen sich die Gäste das Fotoprojekt der Clearingstelle inklusive audiovisueller Installation an und ließen sich bei dieser Gelegenheit auch gleich die restliche „KunstWege“-Ausstellung zeigen. Versorgt mit leckeren Speisen des Condrobs Gastronomiebetriebs VIVA CLARA und in entspannter Atmosphäre wurde dieser interessante Abend beschlossen.

Condrobs dankt allen, die die Clearingstelle ermöglicht haben, für den großen Einsatz und die enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wir hoffen und sind guter Dinge, dass diese Erfolgsgeschichte weitergeschrieben wird.

Factsheet Clearingstelle [3]