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Im Gespräch mit der gesetzlichen Betreuerin Claudia Böhm

„Ich wünsche jeder und jedem ein selbstbestimmtes Leben“

In über 10 Jahren der Suchthilfe hat easyContact – Betreutes Wohnen für junge Erwachsene [1] festgestellt, dass viele Suchtmittelkonsumierende keine adäquate, individuelle, bedarfsorientierte und gleichzeitig ambulante Unterstützung im Alltag bekommen können. Es gibt immer wieder Fälle, die wir als „Systemsprenger*innen“ kennen.

Es handelt sich um konsumierende junge Menschen, die nicht in der Lage sind, ihren Konsum sofort einzustellen, um die klassischen Hilfesysteme der Suchthilfe in Anspruch zu nehmen. Oder instabil Substituierte, die zur Stabilisierung eine intensive psychosoziale Begleitung benötigen, welche über die bisher vorhandenen ambulanten Angebote hinausgeht. Bei diesen stark selbstgefährdenden Konsument*innen treten vermehrt akute Krise auf, die zur Stabilisierung engmaschig begleitet werden müssen. Sie werden oftmals in Kliniken eingewiesen, dort eng betreut und anschließend wieder zurück in die Wohnung entlassen, wo auch weiterhin verstärkter Betreuungsbedarf besteht. Oft liegen, neben einer Suchterkrankung Folgeschäden, Behinderungen und/oder Krankheiten wie HIV oder Hep. C vor.

Diese Klient*innen zeigen meist wenig Bereitschaft sich in eine stationäre Einrichtung zu begeben. Eine Integration in eine größere Gruppe oder therapeutische Wohngemeinschaft ist für sie nicht möglich, da die jungen Erwachsenen von komplexeren sozialen Bezügen und den hochschwelligen Angeboten überfordert sind und dies häufig zu einer Steigerung der Symptome führt.

Für diese besondere Zielgruppe hat easyContact – Betreutes Wohnen für junge Erwachsene ein spezielles Angebot mit 10 Plätzen geschaffen.

Eine der gesetzlichen Betreuer*innen ist Rechtsanwältin Claudia Böhm. Mit ihr haben wir ein Interview geführt, in dem sie die Geschichte einer Klientin erzählt, die durch diese persönliche Betreuung eine richtige Chance auf Neuanfang bekommen hat.

Condrobs: Sehr geehrte Frau Böhm, können Sie uns schildern, wie Sie zu easyContact und speziell zu diesem Angebot kamen?

Claudia Böhm: Der Kontakt zu easyContact BEW kam über eine Klientin von mir, die ich seit vielen Jahren habe und die ich übernommen habe in einem sehr schlechten psychischen Zustand. Sie hat eine Doppeldiagnose, ist psychisch krank und suchtkrank, Alkohol und Drogen waren immer ein Thema. Dementsprechend war sie eine „Drehtürpatientin“. Sie hatte, als ich sie kennengelernt habe, eigentlich kein Zuhause, sie war immer wieder länger stationär in Klinken, und dann in stationären Heimen. Das ist klassisch das, was man bekommt, wenn man eine Doppeldiagnose hat.

Condrobs: Wie ging es dann weiter?

Claudia Böhm: Vorwärts ging da eigentlich überhaupt nichts. Meine Klientin hat sich sehr bevormundet gefühlt, da gab es viele Regeln. Komm in die Malgruppe, komm in die Sprechgruppe, sei um soundso viel Uhr zu Hause. Diese negativen Dinge haben sie so belastet, dass sie das Angebot, das da durchaus auch da war, gar nicht wirklich annehmen konnte. Dann haben wir eben überlegt: Vielleicht finden wir ja ein ambulantes Setting, wo auch die notwendige Unterstützung gegeben werden kann, aber die Klientin dann doch freier lebt. Ich wünsche jedem meiner Klient*innen ein so selbstbestimmtes Leben wie möglich. Da sind natürlich dann ambulante Angebote wesentlich geeigneter. Auf der Suche nach einem solchen Anbieter haben wir irgendwann Kontakt zu Condrobs easyContact BEW bekommen. Da kam sie dann zunächst auf eine Warteliste. Und schließlich war es so weit, meine Klientin wurde genommen und konnte dann – und das ist sehr, sehr schön – in eine vom Träger angemietete Wohnung einziehen, zunächst in eine WG. Sie bekam dann ambulante Unterstützungsleistungen.

Condrobs: Wie war denn das erste Kennenlernen Ihrer Klientin mit easyContact BEW?

Claudia Böhm: Das war sehr schön. Es war für meine Klientin so ein Befreiungsschlag, weil sie gesehen hat: „Ich kann mich irgendwo zu Hause fühlen, ich bin jetzt nicht mehr Heiminsasse oder Krankenhauspatientin, ich habe nun Leute um herum“. Wir hatten bei easyContact BEW schon verschiedene Bezugspersonen, aber die sind alle sehr, sehr zugewandt, sehr freundlich, gehen auf den Klient*innen ein. Das war einfach sofort so ein vertrautes Verhältnis, das sich da eingestellt hat.

Condrobs: Wie war denn der Weg Ihrer Klientin vom ersten Tag bis jetzt?

Claudia Böhm: Sie hat es geschafft, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Sie war immer mal wieder ganz kurz im Krankenhaus, aber es gab nicht mehr diese monatelangen Aufenthalte in der Klinik. Sie konnte sich in diesem WG-Umfeld zurechtfinden. Sie hat gelernt, in einer Wohnung zu leben und ist bis zu dem Punkt begleitet worden, an dem sie eine eigene Wohnung bezogen hat. Dort wird sie weiterhin ambulant betreut. Das hätten wir alleine nie geschafft.

Condrobs: Liebe Frau Böhm, können Sie uns aus Ihrer professionellen Sicht heraus schildern, weshalb dieses Angebot so eminent wichtig ist?

Claudia Böhm: Heime sind einfach nichts, was man Menschen mit Doppeldiagnose wünscht. Sie wollen selbstbestimmt leben. Mit einem solchen Suchthintergrund ist das einfach nur möglich, wenn eine engmaschige, professionelle ambulante Begleitung da ist. Und das bietet easyContact BEW. So eine speziell auf den Klient*innen abgestimmte Betreuung bei diesen Diagnosen kenne ich nur von hier.

Condrobs: Eine letzte Frage, Frau Böhm: Was würden Sie sich für das Angebot und die Klientin in Zukunft wünschen?

Claudia Böhm: Ich würde mir wünschen, dass es solch engmaschige Betreuung bis zu acht Stunden in der Woche unterstützt wird, dass die Wichtigkeit dieser Angebote gesehen wird. Auch von der Politik. Ich glaube, das ist die Lobby nicht so da. Ich sehe einfach, wie der Klient* oder die Klientin* von so etwas profitieren kann. Wir wünschen doch jedem ein selbstbestimmtes Leben. Und das geht, wenn man eine solche Erkrankung hat, nur mit entsprechender Hilfe. Und bei easyContact BEW ist man immer dran, man ist problemlösungsorientiert und wir sind gemeinsam immer schrittweise vorangekommen. Wirklich großartig.