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Suchthilfe am Limit – Fachverbände fordern klare Strategie und stabile Finanzierung

Sucht ist eines der drängendsten, aber am wenigsten beachteten Themen im deutschen Gesundheitssystem. Millionen Menschen sind betroffen – nicht nur vom Konsum illegaler Drogen, sondern auch durch Alkohol, Tabak und zunehmend durch Verhaltenssüchte wie Glücksspiel, übermäßigen Medienkonsum oder Essstörungen. Die Folgen sind gravierend: Die wirtschaftlichen Kosten durch Suchtprobleme belaufen sich auf bis zu 200 Milliarden Euro jährlich.

Politische Untätigkeit gefährdet wichtige Hilfsangebote

Trotz dieser dramatischen Zahlen spielt Suchtpolitik in aktuellen politischen Verhandlungen kaum eine Rolle. Die Fachverbände der Suchthilfe schlagen deshalb Alarm. Die Finanzierung vieler Angebote ist nicht gesichert, der Fachkräftemangel spitzt sich weiter zu, und vielerorts fehlen passende Anlaufstellen – besonders für junge Menschen und Menschen in belasteten Lebenslagen. Als Unterstützer des Aufrufs [1] durch u.a. den Paritätischen Wohlfahrtsverband [2] und den Fachverband Drogen- und Suchthilfe [3] hofft Condrobs auf ein deutliches Umdenken der neuen Regierung – hin zu einer mutigen, menschenzentrierten und nachhaltig finanzierten Suchthilfepolitik.

Beratungsstellen und Einrichtungen berichten seit Jahren von einer strukturellen Unterfinanzierung. Gleichzeitig wird die Präventionsarbeit oft nur projektbezogen und kurzfristig gefördert – das erschwert nachhaltige Konzepte und verhindert Planungssicherheit.

„Dauerhaft wirksame Hilfe ist nur möglich, wenn sie auch dauerhaft auskömmlich finanziert wird“, sagt Karin Bahr, geschäftsführende Vorständin von Condrobs. „Wir können nicht jedes Jahr neu darum kämpfen, dass bewährte Angebote überhaupt weiterbestehen dürfen.“

Ihr Vorstands-Kollege Frederik Kronthaler ergänzt: „Es kann nicht sein, dass Spendenmittel, die eigentlich für Innovation und direkte Hilfe für Betroffene gedacht sind, von den Kostenträgern zur Finanzierung von Strukturangeboten wie z.B. Beratungsstellen gefordert werden.“

Statt Repression: Hilfe in den Mittelpunkt stellen

Die Forderung aus der Praxis ist klar: Es braucht eine zukunftsfähige nationale Suchtstrategie, die den Fokus auf Prävention, Aufklärung und Hilfe legt – nicht auf Strafe. Abhängigkeitserkrankungen müssen als das verstanden werden, was sie sind: Erkrankungen, die behandelbar sind, wenn die passende Unterstützung zur Verfügung steht.

Ein breiterer gesellschaftlicher Diskurs könnte dazu beitragen, die Stigmatisierung von Betroffenen abzubauen und Hilfe frühzeitig zugänglich zu machen.

„Sucht ist kein Randthema – sie zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten“, betont Kronthaler. „Wir müssen aufhören, so zu tun, als ob nur andere betroffen sind. Prävention und Hilfe sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben.“

Ein möglicher Lösungsweg: Ein nationaler Präventionsfonds

Ein Vorschlag aus der Fachwelt ist die Einführung eines bundesweiten Sucht- und Präventionsfonds, finanziert durch zweckgebundene Abgaben auf suchtverursachende Produkte wie Alkohol oder Tabak. Ein solches Modell gibt es bereits in anderen Ländern, etwa in der Schweiz. Mit den Mitteln könnten Präventionskampagnen, Forschung und lokale Hilfsangebote dauerhaft abgesichert werden.

Condrobs fordert: Hilfe braucht Verlässlichkeit

Als Träger mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Suchthilfe sieht Condrobs dringenden Handlungsbedarf. Die Realität in der Praxis zeigt, dass bestehende Angebote häufig zu kurz greifen – nicht aus Mangel an Engagement, sondern aus strukturellen Gründen.

Condrobs fordert:

„Wenn wir vor allem junge Menschen wirksam schützen wollen, dann müssen wir die Reize reduzieren – und das heißt auch: ein konsequentes Werbeverbot für Tabak, Alkohol und Glücksspiel“, fordert Kronthaler. „Es ist widersprüchlich, auf der einen Seite über Prävention zu sprechen und auf der anderen Seite riskante Produkte öffentlichkeitswirksam zu bewerben.“

Jetzt handeln – für eine moderne Suchthilfe

Die kommenden Monate sind entscheidend. Ob eine neue Bundesregierung den Mut findet, eine echte Wende in der Drogen- und Suchtpolitik einzuleiten, bleibt offen. Klar ist jedoch: Ohne gezielte Investitionen und gesellschaftliches Umdenken wird sich die Situation für Betroffene weiter verschlechtern. Die Zeit zu handeln ist jetzt.