Innere Landkarten
Projekt 10 – Pedro Suchtfachstelle Ost – Suchtberatung mit der Buchautorin und Mitarbeiterin Marion Zechner
In einem offenen Gruppenangebot wurden in der Mitte Kärtchen mit kleinen Landschaftsbildern ausgelegt.
Anhand dieser und mit Hilfe einer Meditation wurden Begriffe als Überschriften für einen Lückentext gesucht.
Nach dem Verfassen der Texte haben die Teilnehmenden diese in der Gruppe vorgelesen und reflektiert.
Danach wurden die Texte an eine Pinnwand geheftet und in der Beratungsstelle ausgestellt.
Weitere Besucher*innen wurden so angeregt, ebenfalls in den Prozess einzusteigen.
Freifahrt
die Nacht schmeckt nach Freiheit
und riecht erfrischend süßlich
Das Gefühl fühlt sich fröhlich an
und sieht aus wie weiße Erleuchtung
Der Klang hört sich an wie eine
Symphonie ist es aber nicht
Ohnmacht
Sie schmeckt bitter
und riecht nach faulem Laub.
Sie fühlt sich mächtig an
und sieht aus wie dichter Nebel.
Still hört sie sich an wie die Ruhe vor
dem Sturm. Sie ist unberechenbar.
Trauer
Sie schmeckt nach dem peitschenden Wind auf hoher See
und riecht wie das Salz auf den Wellen des Ozeans.
Sie fühlt sich bedrohlich an
und sieht aus wie das Dunkel eines unbekannten Kellers.
Sie hört sich an als wäre alles Entsetzen, alle Hoffnungslosigkeit der Welt zu Ton geworden.
Trauer ist unberechenbar und allgegenwärtig.
Der Kreis
Sie schmeckt nach Wasser
und riecht nach Frühling
Sie fühlt sich gut an
und sieht aus wie die Same
Sie hört sich an wie der Morgen
Der Kreis ist Zeitlos
Sehnsucht
waschen schmeckt nach mehr
und riecht nach Freiheit
Sehnsucht fühlt sich schwer an
und sieht aus wie der Himmel
Sehnsucht hört sich an wie Musik.
Sehnsucht ist lebendig.
Sünde
Sünde schmeckt nach Blut
und riecht nach Rosen
Sünde fühlt sich leicht & gleichzeitig schwer an – zerissen.
und sieht aus wie ein Engel
doch hört sich an wie der Teufel
Sünde ist bittersüß
Freude
Sonne, sie schmeckt nach den Farben eines Regenbogens
und riecht wie die Welt nach dem ersten Frühlingsregen.
Freude fühlt sich wohlig und warm an
und sieht aus wie Luftballons die in den Himmel steigen.
Sie hört sich an wie das lachen eines Babys.
Freude ist das höchste Geschenk auf Erden ~ und wird noch größer wenn man sie teilt!
Freiheit
Sie schmeckt nach süss | sauer
und riecht wie der Ozean
Die Freiheit fühlt sich locker an
und sieht aus wie Wolken
Freiheit hört sich an wie Entdeckung
Freiheit ist Weite
Druck
schmeckt nach Salz
und riecht nach warmer
Luft fühlt sich warm an
und sieht aus wie ein rotes
Oval hört sich an wie nichts
ist nicht schön
Entschleunigung
Sie schmeckt nach Wehmut
und riecht schwach nach Rose
Aber sie fühlt sich gut an
und sieht aus wie die Natur vor dem Frühlingserwachsen.
Sie hört sich an wie schwaches Vogelgezwitsche
Entschleunigung ist Sehnsucht.
Die Eifersucht
Sie schmeckt nach Asche,
riecht nach Galle.
Sie fühlt sich blutleer an,
sieht aus wie arme Ratten.
Sie hört sich an wie Brunnenschächte.
Die Eifersucht ist ausgestopft mit Tränen.
Der Sonnenuntergang
Er schmeckt nach Salz
und riecht nach Hoffnung
Der Sonnenuntergang fühlt sich wehmütig an
und sieht aus wie ein Traum
Der Sonnenuntergang hört sich an wie der abfedernde Rausch
Er ist das Ende vor dem Anfang
Die Reise
schmeckt nach abgestandenem Bier
und riecht metallisch
Die Reise fühlt sich unangenehm an
und sieht aus wie ein nasser Hund.
Die Reise hört sich an wie Charles Mingus.
Die Reise ist erst der Anfang.
»Es gab niemanden, der gesagt hat, ich will das, was ich gemacht habe, nicht zeigen, ich will es nicht aufhängen. Selbst mutig sein, sich selbst zeigen und Teil einer Gruppe sein, die auch mutig ist. Das fand ich total großartig.«
Marion (Leiterin Schreibwerkstatt)
»Wirklich jede Person hat ihren Text vorgelesen und ich habe bei fast jedem Text eine Gänsehaut bekommen.«
Marion (Leiterin Schreibwerkstatt)
»Mich hat überrascht, dass das Ganze so Tiefgang bekommen hat. Es war richtig toll, das auszuprobieren. Es ist zwar auch wieder ein sprachliches Medium, aber es ist eine ganz andere Dimension, als einfach zu reden.«
Fabian (Mitarbeiter)
»Das ist etwas, das wir gut in unser Alltagsgeschäft einbauen können und mal einen anderen Fokus setzen können. So können wir den Stimmen ein Gehör geben, die sonst nicht gehört werden.«
Susanne (Leiterin der Einrichtung)
»Die Kunst sehe ich jetzt wieder als Weg. Wenn ich mich auf mein Unbewusstes einlasse, dann zeigt sich der Weg, dann zeigt sich, was ich eigentlich brauche.«
Ellie*
» Auf einmal habe ich gemerkt, wie streng ich eigentlich mit mir bin, dass ich eigentlich selbst mein strengster Richter bin. Ich dachte immer, die Welt ist so scheiße, ist so streng zu mir, aber eigentlich bin ich es selbst. Ich muss schaffen, selbst meinen inneren Bewerter in den Hintergrund zu stellen.«
Tarek*
»Ich habe die Sünde genommen. Das ist einfach so gekommen. Es passt auch gut zur Sucht, das ist mir im Nachhinein erst aufgefallen.«
Uli
Marion Zechner
Marion Zechner ist Sozialpädagogin und systemische Therapeutin bei Condrobs in der Pedro Suchtfachstelle Ost. Nebenbei arbeitet sie als freie Autorin. In Marion Zechners Debütroman „Bewölkt aber trocken“ erhalten wir einen Einblick in den Kopf der Lehrerin Lucy, die Dynamik einer Suchterkrankung und was der Schritt in eine Entwöhnungsklinik bedeuten kann.
Portrait (C) Heike Ulrich Fotowork / Cover © Leykam Buchverlag
Die Einrichtung
Die Pedro Suchtfachstelle Ost [1]bietet Beratung für Suchtgefährdete, Abhängige und deren Angehörige sowie die Vermittlung in weiterführende Hilfen, psychosoziale Begleitung von Substituierten, ambulante Rehabilitation und ambulant betreutes Einzelwohnen im Münchner Osten. Das multiprofessionelle Team entwickelt für Menschen, die das Pedro aufsuchen, die optimalen Unterstützungsmöglichkeiten. Ein zusätzlicher Schwerpunkt liegt in Angeboten zur Integration für Menschen mit Migrationshintergrund.