15 Jahre Condrobs Suchtberatung und Therapie Landsberg: Jubiläumsfeier unterstreicht Bedeutung sozialer Hilfsangebote

24. März 2025
15 Jahre Condrobs Suchtberatung und Therapie Landsberg

Am 20.03.2025 feierte die Condrobs Suchtberatung und Therapie Landsberg ihr 15-jähriges Bestehen. Die Jubiläumsveranstaltung begann im Olympia Filmtheater und bot anschließend Raum für Austausch bei Snacks und Getränken in der nahegelegenen Einrichtung. Im Mittelpunkt standen die aktuellen Herausforderungen und Bedarfe der Suchthilfe.

Wichtiger Teil des Suchthilfe-Netzwerks der Region

Stefan Wenger, Abteilungsleiter Sucht- und Jugendhilfe bei Condrobs, hieß die Gäste willkommen und beleuchtete die kontinuierliche Entwicklung der Einrichtung. Er betonte die wachsenden Bedarfe in der Region und die darauf abgestimmten Angebote wie ambulante Rehabilitationsprogramme und Betreutes Wohnen. Unter dem Motto „Wie begegnen wir neuen Herausforderungen und Bedarfen?“ thematisierte Wenger die steigende mentale Belastung in der Gesellschaft und die besonderen Herausforderungen für junge Menschen und Familien.

Er forderte eine stabile und verlässliche Finanzierung der Suchtberatungsstellen: „Gerade in Krisenzeiten ist eine gesicherte Finanzierung essenziell.“ Den Kostenträgern sprach er seinen Dank für die bisherige Unterstützung aus.

„Condrobs von unschätzbarem Wert“

Michael Asam, stellvertretender Bezirkstagspräsident von Oberbayern, gratulierte Condrobs zum 15-jährigen Bestehen und hob die unverzichtbare Rolle der Einrichtung in Zeiten wachsender sozialer Herausforderungen hervor. Besonders die psychosoziale Begleitung substituierter Klientel erfordere Fachwissen, Geduld und Empathie.

Er thematisierte den akuten Mangel an substituierenden Ärzten im Landkreis und versicherte, dass der Bezirk Oberbayern Condrobs weiterhin unterstützen werde: „Diese Leistungen kürzen wir nicht.“ Abschließend teilte Asam eine persönliche Erfahrung: „In einer Firma hatte ein Kollege eine Spielsucht, die er nie mitteilte. Später verschlechterte sich seine Situation, er musste psychiatrisch behandelt werden und seine Familie wurde zerstört. Hierüber habe ich erfahren, wie dringend notwendig professionelle Unterstützung in solchen Fällen ist. Ich stehe voll hinter Condrobs. Ihre Hilfe ist großartig.“

Herausforderungen und unermüdliche Arbeit für die Gemeinschaft

Stadträtin Margarita Däubler beleuchtete in ihrem Beitrag die Chancen und Risiken der Digitalisierung. Die Stadt habe bereits erhebliche Mittel in digitale Projekte investiert, doch die langfristigen Auswirkungen, insbesondere auf Jugendliche, erforderten kritische Reflexion.

Däubler würdigte das lebensrettende Engagement der Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen: „Ihre Arbeit gibt Hoffnung und schafft Chancen.“ Sie forderte einen intensiveren Dialog, um noch mehr Menschen zu erreichen und Stigmatisierung abzubauen. „Diese Herausforderungen meistern wir nur gemeinsam“, betonte sie und unterstrich die Bedeutung einer solidarischen Stadt Landsberg, in der niemand allein gelassen wird.

Eine tragende Säule sozialer Unterstützung

„Wir sind nah an den Problemlagen der Hilfesuchenden“, erklärte Condrobs Geschäftsführerin Katrin Bahr in ihrem Grußwort. Gerade in Zeiten politischer Unsicherheit sei soziale Arbeit wichtiger denn je. Mit 53 Jahren Erfahrung und über 120 Einrichtungen in Bayern bietet Condrobs ein breites Spektrum von ambulanter Rehabilitation bis hin zu Prävention und psychosozialer Begleitung.

„Sucht und menschliche Belastungen betreffen uns alle, auch in kleineren Städten und ländlichen Gegenden“, so Bahr. Vor 15 Jahren erkannte Condrobs den Mangel an Hilfsangeboten in der Region und entwickelte ein umfassendes Unterstützungssystem für Suchttherapie, ambulante Rehabilitation und Betreuung in Landsberg und Umgebung. Dazu gehören auch spezialisierte Angebote für Menschen nach der Haftentlassung sowie intensive Begleitung für suchtgefährdete Menschen im Alltag.

„Wir müssen die Bedürfnisse von suchtgefährdeten Jugendlichen und Erwachsenen gezielt ansprechen, um ihnen stabile Lebensverhältnisse zu ermöglichen und Suchtproblemen vorzubeugen.“ Besonders dringend sei aktuell eine Jugendsuchtberatungsstelle für präventive Unterstützung sowie der Erhalt verlässlicher Substitutionsangebote für Erwachsene. „Wir dürfen weder suchtgefährdete Jugendliche noch substituierte Erwachsene vergessen.“

Dank der Unterstützung lokaler Partner konnte das Angebot kontinuierlich erweitert werden. Bahr hob den unermüdlichen Einsatz der Mitarbeitenden hervor: „Ohne sie wären diese Meilensteine nicht erreichbar gewesen.“

Herausforderungen und Perspektiven der Suchthilfe: Ein Plädoyer für frühe Intervention und bessere Vernetzung

Davor Stubican, Referent für Psychiatrie und Suchthilfe beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Bayern, skizzierte die Herausforderungen der Suchthilfe mit Fokus auf Prävention und frühzeitige Intervention. „Sucht betrifft nicht nur Einzelpersonen, sondern auch ihr Umfeld, wie Familien und Freunde“, betonte er. Ein funktionierendes System müsse Prävention, Früherkennung, Therapie und Rehabilitation umfassen. Besonders wichtig sei es, Suchthilfe sofort mit präventiven Maßnahmen zu verknüpfen.

Stubican forderte eine verbindliche Suchthilfeplanung in Bayern, die auf enger Zusammenarbeit aller Akteure basiere. Nur so lasse sich eine flächendeckende Versorgung garantieren. Doch die noch nicht verabschiedeten Suchtgrundsätze der Staatsregierung werfen viele Fragen zu Umsetzung und Finanzierung auf. Besonders die angespannte Haushaltssituation des Bezirks Oberbayern gefährde niedrigschwellige Angebote. „Initiativen, die Versorgungslücken erkennen und neue Angebote entwickeln, sind wichtiger denn je“, mahnte er.

Stubican hält eine lebenslange, multidisziplinäre Behandlung bei Opiatabhängigkeit für unumgänglich. Doch immer mehr niedergelassene Substitutions-Ärzt*innen ziehen sich zurück.

Stubican betonte, dass Menschen mit Opiatabhängigkeit eine lebenslange, umfassende Behandlung benötigen, die verschiedene Fachdisziplinen einbindet. Gleichzeitig sinkt die Zahl niedergelassener Ärzt*innen, die suchtspezifische Behandlungen anbieten, was die Versorgung zunehmend erschwert. Um diese Lücke zu schließen, entstehen vermehrt kreative, regionale Modelle, die alternative Versorgungswege eröffnen. Damit solche Ansätze langfristig tragfähig bleiben und flächendeckend wirken, brauchen sie gezielte Förderung und strukturelle Unterstützung.

Ein weiterer Schwerpunkt war die jugendspezifische Suchthilfe, die in ländlichen Regionen problematisch sei. Stubican kritisierte die fehlende Vernetzung zwischen Jugendhilfe und Suchthilfe im Hilfesystem. Viele Einrichtungen schließen Suchtprobleme bei Jugendlichen aus, wodurch Betroffene keine passende Unterstützung finden. Eine bessere Zusammenarbeit beider Bereiche sei entscheidend, um jungen Menschen Perspektiven zu bieten, so wie es Condrobs seit Jahrzehnten tue.

Suchthilfe für junge Menschen: Perspektiven schaffen

Carolin Schorer, Leitung von easyContact family & BEW Landsberg, forderte eine Kommunikation auf Augenhöhe mit Jugendlichen. „Jugend ist eine Zeit des Entdeckens, der Grenzerfahrungen und Unsicherheiten. Neben Alkohol und Tabak rücken heute auch Medienkonsum und Cannabis in den Fokus der Suchtprävention. Viele Jugendliche verbringen täglich Stunden mit Social Media, Games oder Streaming – bereichernd in Maßen, problematisch bei exzessivem Gebrauch. Dann brauchen sie eine ernstnehmende, nicht verurteilende Anlaufstelle.“

Sie betonte die Bedeutung niedrigschwelliger Angebote wie Schulsprechstunden und Online-Beratung: „Hilfe muss dort ankommen, wo Jugendliche sind.“ Eine frühe Intervention spare langfristig Kosten und erhöhe die Chancen auf ein gesundes Leben.

Schorer rief dazu auf, gemeinsam mit Fachkräften, Jugendlichen und Politik nachhaltige Lösungen zu entwickeln: „Die Zukunft junger Menschen ist eine lohnenswerte Investition.“

Aufruf zur Sicherstellung der Substitutionsversorgung

Die Suchtberatung und Therapie Landsberg blickt auf 15 Jahre wertvolle Arbeit zurück. Doch die Versorgung substituierter Menschen steht vor einer Krise: Weniger Ärzt*innen, lange Anfahrtswege und synthetische Opioide wie Nitazene erhöhen das Risiko tödlicher Überdosierungen.

„Wer heute keine Zeit für seine Gesundheit hat, wird morgen Zeit für seine Krankheit brauchen“, mit diesem Sprichwort warnt Catherine Axiomakarou, stellvertretende Abteilungsleitung Sucht- und Jugendhilfe. Ohne Investitionen in eine stabile Substitutionsversorgung zahlt die Gesellschaft morgen den Preis – gesundheitlich, gesellschaftlich und finanziell.

Ein Beispiel zeigt die Dringlichkeit: Herr M., 42, hat sich nach jahrelanger Heroinabhängigkeit stabilisiert. Doch seine Ärztin, die über 100 Patient*innen betreut, geht in den Ruhestand. Ohne Anschlussversorgung drohen Gesundheitsprobleme und Abgleiten der Klientel in die Illegalität und somit hohe Kosten für Polizei und Justiz.

Die Lösung: neue Kooperationsmodelle und mobile Strukturen für eine wohnortnahe Betreuung. In Zusammenarbeit mit der kbo Landsberg fordert die Suchtberatung eine Klinik-Außenstelle. „Wenn wir jetzt handeln, retten wir Leben und entlasten die Gesellschaft“, so Axiomakarou. Substitution ist lebenswichtig – für Betroffene, ihre Familien und die Gesellschaft.

Gemeinsamer Ausklang bei hausgemachten Köstlichkeiten

Nach dem offiziellen Teil genossen die Gäste hausgemachte Spezialitäten in der nahegelegenen Einrichtung. In entspannter Atmosphäre ergaben sich wertvolle Gespräche und ein reger Austausch.

Ein herzlicher Dank gilt allen Referent*innen, Gäst*innen und Mitwirkenden, die mit ihren Beiträgen zum Erfolg der Veranstaltung beitrugen.

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Titelfoto v.l.: Davor Stubican, Katrin Bahr, Karin Wiggenhauser, Michael Asam, Caolin Schorer, Catherine Axiomakarou, Stefan Wenger, Margarita Däubler
Foto 1: Stefan Wenger
Foto 2: Michael Asam
Foto 3: Margarita Däubler
Foto 4: Katrin Bahr
Foto 5: Davor Stubican
Foto 6: Carolin Schorer
Foto 7: Catherine Axiomakarou
Foto 8: Karin Wiggenhauser (Bereichsleitung Hilfen für Erwachsene und bayernweite Angebote, Condrobs e.V.)
Foto 9: Popcorn im Olympia Filmtheater
Foto 10: Olympia Filmtheater
Foto 11: Publikum im Olympia Filmtheater
Foto 12: Selbstgemachte Häppchen

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