Dies ist ein Original-Beitrag aus der Süddeutschen Zeitung von 1991. Verfasst wurde er von Christine Burtscheidt.
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Axel Eberth
Vorsitzender von „con-drobs“ und Rechtsanwalt
Ein Patriarch par excellence steht einem gegenüber, mit stämmiger Gestalt und imposanter Stimme. In dem gutbürgerlichen Jugendstilpalais an der Leopoldstraße pflegt Rechtsanwalt Axel Eberth das geordnete Chaos. Gesetzbücher und Akten beherrschen die Szene nach dem Motto: „Hauptsache, ich kenne mich aus.“ Das Bild steht für sich. Den Überblick versucht sich der Jurist über eine Szene zu verschaffen, die weitaus unübersichtlicher ist, als jeder Aktenberg es sein kann. Seine Klientel – das sind vor allem Münchner Drogenabhängige. Allerdings nicht nur bei rechtlichen Auseinandersetzungen.
1971 hat Eberth mit 18 Eltern drogenabhängiger Kinder und einem Sozialarbeiter „con-drobs“ gegründet. „con-drobs“ steht für die Münchner Drogenberatungsstelle in der Konradstraße 2, die es jetzt seit 20 Jahren gibt. „con-drobs“ steht aber auch für einen privaten Münchner Verein, hinter dem sich mittlerweile ein ganzes Organisationsgeflecht – „elf bis zwölf Einrichtungen“ – verbirgt, das sich zum Ziel gesetzt hat „zwischen Methadon und den wenigen Therapieplätzen Alternativen zur Lösung des Drogenproblems“ aufzuzeigen. Oberste Handlungsmaxime ist für den langjährigen Vorsitzenden von „con-drobs“: „Die Betroffenen, in der Regel 16- bis 25jährige, müssen noch während der Betreuung in die Gesellschaft rückintegriert werden.“ Alle Initiativen von „con-drobs“, wie das Jugendkommunikationszentrum in der Häberlstraße, weisen Realitätsbezug in Form konkreter Lehr- und Arbeitsangebote auf. Erfolg kann der Rechtsanwalt mittlerweile zur Genüge vorweisen.
Dennoch freut sich Eberth jedesmal von neuem, „als wäre es zum ersten Mal“, wenn wieder einmal einer seiner Schützlinge anruft und stolz erzählt: „Ich wollt‘ nur sagen, ich bin jetzt städtischer Angestellter.“ Allerdings gibt es auch Negatives zu berichten: „Nicht selten liest man in der Zeitung von einem Drogentoten, der bereits bei uns war, den wir aber nicht aufnehmen konnten.“ Der Grund: Es fehle an Personal und Plätzen. Die Beratungsstelle sei total überlaufen. Präventiv zu arbeiten, ein absolutes „Muß“ im Drogenbereich, sei immer noch „nicht drin“, meint Eberth. Mehr Unterstützung wünscht er sich deshalb. Und das, obwohl er weiß, daß sieben Millionen Mark Jahresetat, finanziert durch Bund, Land und Kommune, nicht gerade wenig ist. Sein Argument: „Nicht den Abhängigen, sondern der Gesellschaft ist hier ein Vorwurf zu machen. Die Politiker aller Parteien haben das Drogenproblem verkannt und bisher kein Rezept zu dessen Lösung gefunden.“ Dafür müsse der Staat eben nun zahlen.
Ursache fast jeder Drogenabhängigkeit sind nach Eberth „persönliche und gesellschaftliche Schwierigkeiten“. „Beides komprimiert verträgt kaum einer.“ Dabei ist sich der Anwalt „aus Erfahrung“ darüber im klaren: „Die Eltern tragen in den meisten Fällen zum Drogenproblem ihrer Kinder bei.“ In gewisser Weise „dankbar“ ist Eberth folglich über die Tatsache, „ein relativ unkompliziertes Elternhaus“ gehabt zu haben. Um „anderen zu helfen, die schlechter dran waren“, engagiert sich der 1944 in Lindau geborene Sohn eines Rechtsanwalts als Schüler in der evangelischen Jugendarbeit. Seitdem wußte er: „Ich will was mit Menschen machen.“ Statt wie „empfohlen“ studierte Eberth nicht Mathematik, sondern Jura in Berlin und München. Per Zufall wurde er mit der Drogenwelle der 70er Jahre konfrontiert. „Ein Sohn eines entfernten Bekannten war abhängig.“ Die aussichtslose Suche nach einem Therapieplatz bot Anlaß, „con-drobs“ ins Leben zu rufen.
Seit kurzem auch Vorsitzender des paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Bayern will Eberth künftig „über den Drogentopf hinausschauen.“ Was der potentielle Sozialreformer, dem selbst wenig Ruhe und Muße für seine Familie bleibt, noch in Angriff zu nehmen hofft: „Das Grundübel jeder Abhängigkeit, die ungelöste Freizeitgestaltung.“
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