50 Geschichten: Heimat für Duygu

18. April 2022

Dieser Beitrag aus dem Familienzentrum Ramersdorf erschien erstmals 2018.

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Duygu M.* [Anm. d. Red.: Name geändert] kommt mit 18 Jahren allein nach Deutschland, um hier zu arbeiten. Als die gebürtige Bulgarin kurz nach ihrer Hochzeit ihr erstes Kind bekommt, verändert sich erneut ihr Leben, sie sucht neue Orientierung. Duygu stößt auf das offene Angebot des Familienzentrums Ramersdorf in der Nähe ihres Wohnorts. Sie freut sich, dass sie dort andere Mütter trifft, bekommt Anschluss und schließt Freundschaften. Duygu besucht den Baby- und Stilltreff im Familienzentrum, mit ihrem zweiten Kind auch die Krabbel- und Spielgruppen. Ehrenamtlich engagiert sie sich bei Festen und beim Flohmarkt und wird Teil der positiven Energie, die das Familienzentrum zusammenhält. Nach ihrer zweiten Elternzeit nimmt Duygu ihre Arbeit wieder auf, und die Besuche und ihr Engagement im Familienzentrum gehen zu Ende.

Eines Tages jedoch ruft Duygu bei der Sozialpädagogin im Familienzentrum, die sich sofort an sie erinnert, an und fragt etwas unsicher, ob sie zum Reden vorbeikommen dürfe. Bei dem Termin öffnet Duygu ihr Herz und erzählt, dass sie schwanger war, das Baby jedoch nicht überlebte. Ihr sehnlicher Wunsch nach einem dritten Kind, am liebsten einer Tochter, war mit der Fehlgeburt zerbrochen. Duygu hatte mit nur wenigen Menschen bisher darüber gesprochen. Es fällt ihr schwer, ihre Sorgen und tiefe Trauer zum Ausdruck zu bringen. Das Familienzentrum aber ist für sie ein familiärer Ort, an dem sie Vertrauen und Verständnis erfuhr. Duygu spürt, dass sie ihr Erlebnis hier erzählen und teilen will. Sie kommt noch weitere Male in die Beratung und findet mit Hilfe der Sozialpädagogin Wege für sich, um die Trauer über das Ungeborene zuzulassen und neue Kraft zu schöpfen.

Sechs Monate später wird Duygu erneut schwanger und bringt die kleine Lilith [Anm. d. Red.: Name geändert] zur Welt. Seitdem besucht sie wieder regelmäßig den Baby- und Stilltreff und ist zusammen mit ihrer Tochter ein lebendiger, aktiver Teil des Familienzentrums.

50 Jahre – 50 Wochen – 50 Geschichten Das Jahr 2022 steht im Zeichen des 50-jährigen Jubiläums von Condrobs. Seit seinen Anfängen am 13. Dezember 1971 hat der Verein zahllosen Menschen geholfen, sie begleitet, unterstützt und ihnen mit individuell abgestimmten Angeboten eine Brücke ins Leben gebaut. Es gibt unzählige Geschichten, die dabei entstanden sind. Passend zum Jubiläum haben wir 50 Geschichten aus unseren Archiven zusammengetragen und von unseren Mitarbeiter*innen erhalten. 50 Wochen lang präsentieren wir eine davon. Kleine wie große, ernste wie witzige, persönliche wie öffentliche Storys. Denn das ist Condrobs: Sozial. Vielfältig. Bunt.

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