Frauen* im Klimawandel: Der 9. Condrobs Frauen*salon

21. März 2025
Eindruck des Frauen*salon

Im nunmehr 9. Frauen*salon am 18. März 2025 lud Condrobs dazu ein, Klimaschutz aus feministischer Sicht zu betrachten: Über 100 Frauen* tauschten sich in der Münchner Drehleier dazu aus, inwieweit Frauen*, weltweit vom Klimawandel deutlich stärker betroffen, Klima positiv verändern können – im Kleinen wie im Großen. Ein großes Anliegen der Besucher*innen war es, Allianzen zu schmieden und die Vernetzung zu fördern, um ihre Interessen und Bedürfnisse besser vertreten zu können. Einigkeit bestand darin, dass Frauen* gemeinsam die Stimme erheben müssen in einer Welt, in der überwunden geglaubte patriarchale wie koloniale Strukturen erstarken und FLINTA* und unsere Umwelt die Leidtragenden sind.

BR-Moderatorin Özlem Sarikaya führte durch einen spannenden Abend, den die Münchner Sängerin Malva, Preisträgerin des Schwabinger Kunstpreises 2024, einfühlsam untermalte. Für kulinarischen Genuss sorgte der Condrobs Frauen*gastronomiebetrieb VIVA CLARA.

Patriarchat und Kolonialismus überwinden

Katrin Bahr, Geschäftsführende Condrobs-Vorständin, ordnete in ihrer Begrüßung den Zusammenhang zwischen Klimaschutz und Feminismus ein. Sie begann mit einer aktuellen Bestandsaufnahme: Der erstarkte Rechtspopulismus in Europa und den USA führe zu einem reaktionären Backlash. Die Rückkehr zu einem patriarchale Macht- und Wertesystem aber gehe einher mit dem Abwenden von Klimazielen, einer Leugnung des Klimawandels, der Ausbeutung der Ressourcen unseres Ökosystems, sowie mit erstarkendem Rassismus. „Es ist erwiesen, dass die Klimakrise soziale Ungleichheiten verstärkt und diejenigen am härtesten trifft, die sie am wenigsten verursacht haben, nämlich diejenigen auf der Welt, die weit weniger Privilegien haben und weit weniger konsumieren als ihre Verursacher*innen“, betonte Bahr.

Es sei daher unerlässlich, intersektional-queeren Feminismus, den Schutz unseres Ökosystems und Nachhaltigkeit zusammen zu denken. Beispiele seien Handlungsfelder wie Mobilität, Konsum und Ernährung, Zugang zu Digitalisierung oder Hitzeschutz, aber auch diversity-gerechte Zugänge zu Entscheidungspositionen und Definitionsmacht.

Kampf für Geschlechtergerechtigkeit und Klimaschutz

Dr. Sophia Berthuet, Condrobs-Abteilungsleiterin sucht-, integrations- und genderspezifische Hilfen, brachte es auf den Punkt: „Feminismus und Klimaschutz sind keine getrennten Kämpfe. Beide Bewegungen haben ein gemeinsames Ziel: eine gerechte, nachhaltige und solidarische Welt.“ Die Klimakrise sei eine Krise der Ungleichheit, sie zerstöre Lebensgrundlagen, treibe Menschen in die Armut und verschärfe bestehende Diskriminierungen. „Eines der düstersten Kapitel dieser Krise ist die zunehmende geschlechtsspezifische Gewalt. Frauen* sind einem erhöhten Risiko für Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt“, warnte Berthuet und erläuterte: „In Deutschland sind es oft Migrant*innen, Alleinerziehende oder Frauen* in schlecht bezahlten Berufen, die unter steigenden Energiekosten, prekären Wohnverhältnissen und extremer Hitze in Städten leiden.“

Doch es fehle ihnen das Bewusstsein darüber und vor allem die Möglichkeit, ihre Zukunft mitzugestalten. Berthuet konstatierte daher: „Wir haben gemerkt, dass wir hier als sozialer Träger und als Feminist*innen einen Auftrag haben. Nämlich den, Verbindungen sichtbar zu machen, aufzuklären, zu sensibilisieren, das Thema zu positionieren und unseren Klient*innen eine politische Stimme zu geben.“ Weil sie innovative Perspektiven einbrächten, die nachhaltiger und inklusiver seien, seien FLINTA* als gleichberechtigte Partner im Klimaschutz unverzichtbar, appellierte Berthuet an die Zuhörer*innen: „Wenn wir also die Klimakrise bewältigen wollen, müssen wir auch für Geschlechtergerechtigkeit kämpfen!“

Ökofeminismus global und lokal

Julika Zimmermann von Women Engage for a Common Future (WECF) Deutschland brachte in ihrem Impulsvortag „Burn patriarchy not oil – Antworten des intersektionalen Ökofeminismus auf die Klimakrise“ Beispiele von Graswurzelbewegungen des Ökofeminismus mit: die sogenannte Chipko-Bewegung in Indien oder das Green Belt Movement in Kenia seien von Frauen* initiierte Projekte, die nachhaltige Veränderung bewirken. Klimaschutz müsse global gedacht und der Eurozentrismus müsse überwunden werden, daher lege der WECF sein Augenmerk auf die internationale Vernetzung mit solchen Frauen*projekten weltweit, betonte Zimmermann.

Sie brachte weitere Handlungsansätze von Akteur*innen des intersektionalen Ökofeminismus mit: die am meisten Betroffenen müssten ermächtigt werden, indem feministische Klima-Initiativen gefördert werden. Gemeinsames Ziel sei es, die weiße Vorherrschaft zu beenden und historische Verantwortung zu übernehmen, etwa durch Reparationen. Die Frauen*salon-Besucher*innen ermutigte Zimmermann, feministische Werte im eigenen Kontext zu realisieren wie Solidarität, Fürsorge, Konsens, aktiv zuhören oder Safe Spaces schaffen für diskriminierte Minderheiten. Gefragt nach konkreten Beispielen des Empowerment, nannte Zimmermann etwa Initiativen der Solidarischen Landwirtschaft rund um München, in denen sich jede interessierte Frau* engagieren könne.

Diskussion im Salon

In der anschließenden Diskussion im Salon äußerten mehrere Frauen* ihre Sorge darüber, dass in den vergangenen Jahren der Klimaschutz an Aufmerksamkeit eingebüßt und Bewegungen wie Fridays for Future an Bedeutung verloren haben, was sie auf eine große Überforderung vieler Menschen angesichts der Gleichzeitigkeit zahlreicher Krisen zurückführten. Auch habe die Pandemie viel zerstört an Mitmenschlichkeit, der Egoismus habe zugenommen, so der Eindruck einer Zuhörerin. Einige Akteur*innen äußerten den Wunsch, die strukturierte Vernetzung etwa sozialer Träger mit dem Umweltbereich zu verbessern. Das sei, so erläuterte eine Besucherin, nicht zuletzt die Handlungsmaxime der von den Vereinten Nationen formulierten 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) für die Kommunen.

Die Vernetzung, waren sich die Anwesenden einig, müsse lokal, global und in die politischen Entscheidungs-Strukturen erfolgen. Handlungsbedarf gebe es insbesondere im ländlichen Raum und auch in Osteutschland, wie zwei Besucher*innen berichteten: Im Vergleich zu einer Großstadt wie München seien hier konservative Strukturen und Wertvorstellungen meist völlig anders. Eine Studentin brachte die Idee ein, den Vernetzungsgedanken zu erweitern und gesellschaftlich weiterzutragen, indem man den Kreis beispielsweise auf Azubis und in den ländlichen Raum ausweite. Innerlich offen bleiben für andere Realitäten, Zugänge zu schaffen und aktiv Zuhören sei der beste Weg, Hürden zu überwinden und auch selbst gehört zu werden, bekräftigten mehrere Frauen*.

Einige Akteur*innen betonten aber auch, in unserer Aufmerksamkeitsökonomie brauche es Frauen*quoten, um Machtpositionen paritätisch zu besetzen und Zugänge zu Ressourcen zu bekommen. „Wir müssen die Männer* nicht ‚abholen‘, sondern zur Verantwortung ziehen!“, so der Appell einer Zuhörer*in. Auch die Medien müssten ihren Beitrag zu paritätischer, diskriminierungsfreier Berichterstattung leisten, so eine Forderung.

Mehr Mut!

Die Klimabewegung und auch der Feminismus haben viel erreicht, ermutigte Zimmermann abschließend die Salon-Besucher*innen. Innerhalb weniger Jahrzehnte sei unglaublich viel in Bewegung gekommen. Faschistische Tendenzen seien als Gegenbewegung dazu aus ihrer Sicht normal. Es würden aber auch wieder neue Erzählungen kommen, die die einfachen Erklärungen rechtsradikaler Kräfte überschreiben. Zimmermanns abschließender Appell an die Zuhörer*innen: „Stay engaged – Mehr Mut!“

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