Gewalt an Frauen* als Thema in einer Männer*einrichtung

In der Condrobs Übergangswohngemeinschaft (ÜWG) leben 20 suchtmittelabhängige Männer* unter einem Dach. Hier erhalten Männer* wichtige Hilfen um ihre Wünsche und Ziele auf dem Weg in ein unabhängiges Leben zu verwirklichen. Vieles, das Jürgen Glatting und sein Team mit den Männern* der ÜWG besprechen, hat mit der Bewältigung der eigenen Vergangenheit zu tun. Gewalt gegen Frauen* ist hier ein sensibles, aber dafür umso wichtigeres Thema. Das Team der ÜWG reflektiert zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen* über ihre Rolle als Einrichtung in der Männer*hilfe:

Der Anlass…

Wir haben den International Tag gegen Gewalt an Frauen* zum Anlass genommen, unsere Arbeit im Team und auch mit den bei uns wohnenden Männern* in Bezug auf diese Thematik genauer anzuschauen und Schlüsse für die die Zukunft zu ziehen.

Es ging also darum, einerseits den Ist-Stand zu bestimmen und andererseits darum, uns (neue) Gedanken zu machen, wie wir die Arbeit in Zukunft noch stärker darauf ausrichten, die Thematik sichtbarer machen und sinnvoll aufarbeiten zu können.

Insbesondere ging es auch darum, wie wir in der Folge einen starken präventiven Beitrag gegenüber Gewalt an Frauen leisten zu können.
In geschlechtsspezifischen Teams wurden so folgende Punkte erarbeitet.

Erste Eindrücke…

Zunächst haben wir festgestellt, dass es gar nicht so einfach ist, das Thema so zu platzieren, wie wir uns das vorgestellt haben. Gerade in der Arbeit mit Männern*, die (potenziell) Täter waren oder sind, existieren eine Vielzahl von Tabuisierungen, Klischees, auch Stigmatisierungen, die eine offene Arbeit erschweren. Dies zeigt sich gerade auch in unserer „Männer*gruppe“, in der wir unter anderem das Verhältnis von Männern* und Frauen*, Gleichberechtigung, gewaltvoller Umgang thematisiert.

Männliche Gewalt an Frauen*, besonders im Hinblick auf die eigene Vergangenheit mancher Männer* in unserer Einrichtung, ist ein sehr sensibles Thema. Hier achten wir darauf, wie wir Tabus und Stigmen aufbrechen und die Männer* ermutigen können, offen und einsichtsvoll über dieses Thema in ihrer eigenen Lebensgeschichte zu sprechen. Unser Ziel hier Gewalt möglichst präventiv zu verhindern.

Dabei haben wir festgestellt, dass wir in unserer Arbeit schon viele wichtige Schritte setzen – aber doch noch einiges getan werden kann!

Angebot und Struktur…

Männer*gewalt an Frauen* besprechen wir in unterschiedlichen Settings, oft behandeln wir das Thema implizit, zum Beispiel:

  • in unserer Männer*gruppe, insbesondere im Zusammenhang mit Männer*- und Frauen*bildern, Rollenstereotypen, Auseinandersetzung mit Männlichkeit, Gleichberechtigung, Grenzen der Integrität, Gewalterfahrungen
  • im Trauma-Workshop „Sicherheit“
  • bei Rückfälligkeit im Beziehungskontext
  • in der Einzelarbeit
  • im (wahrgenommenen) Modellverhalten von Männern und Frauen im Team
  • in unseren Werten und klaren Regelungen, die psychische und körperliche Gewalt gegenüber Frauen* (und Männern*) brandmarkt und sanktioniert. (Hausregeln, Abmahnungen, Entlassungen etc.)

Dabei erkunden wir gemeinsam mit den Männern* aber auch im Team,

  • wo und wann Gewalt gegen Frauen* überhaupt anfängt
  • welche Bemerkungen und Handlungen als sexistisch einzustufen sind
  • welche Rollenbilder, -stereotypen diese begünstigen, wie Alternativen aussehen können
  • wie Aggression kontrolliert und Gewalt verhindert werden kann
  • wie Frauen* und Männer* gleichberechtigt leben können

Die Zukunft…

In Zukunft setzen wir einige wichtige Schritte, die unsere Männer*arbeit zum Thema Gewalt gegen Frauen* stärken können:

  • Wir entscheiden über das Konzept einer Frauen*beauftragten
  • Wir stärken die Netzwerkarbeit mit Frauen*- und Männer*einrichtungen
  • Wir machen Gewalt an Frauen* in unseren internen und externen Gremien zum Thema.
  • Wir erstellen ein Schutzkonzept für Mitarbeiterinnen
  • Wir erweitern unser Angebot zum Beispiel durch eine Vätergruppe.

Schluss…

Für die Männer*arbeit, der wir uns unter dem Dach der ÜWG im Rahmen eines männer*spezifischen Konzepts verschrieben haben, können wir den folgenden Schluss ziehen:

„Männer*arbeit ist auch die Arbeit an der Gleichberechtigung von Männern* und Frauen* und an einem gewaltfreien Umgang miteinander, der die Gewalt von Männern* gegenüber Frauen* besonders hervorhebt.“

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