Am heutigen 21. Juli 2023 fand am Münchner Marienplatz zum 26. Mal der alljährliche Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen statt. Angehörige, Vertreter*innen von Stadt und Suchthilfeträgern sowie interessierte Bürger*innen kamen ab 11.30 Uhr zusammen, um der 86 verstorbenen Drogengebraucher*innen in München in den vergangenen 12 Monaten zu gedenken.
Forderung nach Drug Checking und Konsumräumen
„Wir wollen den Verstorbenen mit unserem Gedenken einen Namen und ein Gesicht geben. Sie sind nicht vergessen,“ so Olaf Ostermann, Abteilungsleiter Angebote für Ältere und niedrigschwellige Hilfen bei Condrobs.
Die steigende Zahl an verstorbenen Drogengebraucher*innen in Bayern ist besorgniserregend. Klar ist: Viele dieser Tode wären zu verhindern gewesen. „Kein Mensch sollte an den Folgen seiner Erkrankung versterben müssen, wenn unser Hilfesystem dies verhindern könnte“, so Katrin Bahr, Geschäftsführende Vorständin von Condrobs. „Drug Checking und Drogenkonsumräume würden gemeinsam für besonders hohen Schutz der Konsument*innen sorgen!“
Bürgermeisterin spricht Unterstützung aus
„Die Erfahrungen aus den Drogenkonsumräumen in anderen Bundesländern zeigen eindrücklich, dass dort nicht nur Drogentodesfälle nach einer Überdosis durch schnelles Eingreifen in der Regel vermieden werden können“, so Bürgermeisterin Verena Dietl in ihrem Redebeitrag. “Durch Konsumräume komme es auch in den Einrichtungen seltener zu Notfällen, weil die Mitarbeitenden dort auf die Besucher*innen einwirken.
Dies führe dazu, „dass die Notaufnahmen der Krankenhäuser und die Rettungsdienste entlastet werden. Es ist wichtig, das breite Suchthilfespektrum Münchens kontinuierlich weiterzuentwickeln, beispielsweise mit der Einrichtung von Drogenkonsumräumen oder einem Angebot für Drug Checking.“
- Grußwort von Frau Bürgermeisterin Verena Dietl
- Moderation von Olaf Ostermann, Abteilungsleitung Angebote für Ältere und niedrigschwellige Hilfen, Condrobs e. V.
- Katrin Bahr, Geschäftsführende Vorständin, Condrobs e. V.
Substitutionsversorgung nicht gesichert
Um die Leben von Drogengebraucher*innen zu schützen, sind jedoch noch weitere Weichenstellungen dringend geboten: „Die Substitutionsversorgung auf dem Land bricht langsam, aber sicher zusammen. Viele Ärzt*innen finden keine Nachfolger*innen für diesen Bereich, wenn sie in den Ruhestand gehen.“ Dr. Mignon Drenckberg, Fachreferentin für Sucht-, Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe der Münchner Caritas, mahnt an: „Hier müssen die zuständigen Stellen, allen voran die Kassenärztliche Vereinigung, endlich tätig werden!“
Überhaupt, ergänzt Bernd Müller von der Münchner Aidshilfe, sei der Ausbau von Substitutionsplätzen wichtig, um das Überleben zu sichern. Er appelliert: „Es wird mehr therapeutische Angebote geben müssen, anstatt Delikte sinnlos zu bestrafen. Die Betroffenen bestrafen sich in den meisten Fällen ohnehin schon selbst.“
- Dr. Mignon Drenckberg, Fachreferentin für Sucht-, Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe der Münchner Caritas
- Bernd Müller, Öffentlichkeitsarbeit Münchner Aidshilfe
- Bereichsgeschäftsleitung Niedrigschwellige Hilfen/Hilfen in Haft von Prop e. V.
30 Jahre niedrigschwellige Hilfen
Dass seit nunmehr drei Jahrzehnten die niedrigschwellige Suchthilfe in München wertvolle Arbeit im Bereich der Unterstützung und Betreuung von Menschen mit Suchterkrankungen leistet, betont Jörg Gerstenberg, Bereichsgeschäftsleitung Niedrigschwellige Hilfen/Hilfen in Haft von Prop e. V. „30 Jahre niedrigschwellige Suchthilfe in München stehen für 30 Jahre Empathie, Fürsorge und Hoffnung.“ Die vielen verstorbenen Drogengebraucher*innen sind jedoch ein Mahnmal dafür, die Arbeit weiter zu intensivieren und stetig voranzutreiben.