Die Condrobs-Jugendsuchthilfe verzeichnet vermehrt harte Konsumformen und Substanzen bei Jugendlichen und fordert mehr Anstrengungen in der Prävention
Condrobs steht auch während der Pandemie und der damit verbundenen, gravierenden Einschränkungen für Entwicklung, Alltag und Leben Jugendlicher und junger Menschen, an der Seite von jungen Menschen mit Suchtproblemen. Wie aber wirkt sich ein Jahr Pandemie aus?
Eine aktuelle Evaluation der Tätigkeit in drei Condrobs-Jugendsuchthilfe-Einrichtungen in München brachte deutliche Auswirkungen der Pandemie zutage: Positiv ist, dass das Hilfenetz die Zielgruppe trotz Ausgangsbeschränkungen und geschlossener Schulen weiterhin erreicht und von jungen Menschen mit Suchtproblemen gut angenommen wird. Die Jugendhilfe-Angebote verzeichnen durchgängig eine hohe Nachfrage und Belegung wie in Vorjahren.
RISIKOKONSUMENT*INNEN WERDEN SICHTBAR
„Qualitativ aber haben sich die Anfragen für Klientel mit hohem Selbstgefährdungspotential vervielfacht: Wir beobachten eine deutliche Steigerung von harten Konsumformen und Substanzen“, berichtet Frederik Kronthaler, Condrobs-Geschäftsführer Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene. Erreichte die Condrobs-Einrichtung „HaLT“ durch Sofortintervention bei intoxikierten Minderjährigen bislang überwiegend junge Menschen mit Alkoholintoxikation, stieg die Zahl der Interventionen im ersten Quartal 2021 aufgrund von Intoxikationen durch härtere Substanzen erstmalig auf über 50%. HaLT verzeichnet einen starken Anstieg von THC-Mischintoxikationen (25%) sowie durch Benzodiazepine, Opioide, XTC und Neuroleptika (25%).
Diese Tendenz bestätigen die Zahlen im easyContact House, easyContact ISE und Clearing, ebenso wie in der sucht-therapeutischen Condrobs-Einrichtung Inizio: Waren auch hier bislang Alkohol und Cannabiskonsum bei 80 % der jungen Klient*innen Aufnahmegrund, stieg während der Pandemie die Zahl der Konsument*innen harter Substanzen nun auf über 50 %. „Der Konsum der von uns betreuten jungen Menschen geht klar hin zu Benzodiazepinen, Opioiden, Schmerzmitteln und diversen Psychopharmaka, die einen wesentlich höheren Gefährdungsgrad für Gesundheit und Entwicklung unserer Klient*innen bedeuten“, warnt Kronthaler.
Aufsuchende Arbeit wie Streetwork (auch im Internet) erreicht Jugendliche in ihrer digitalen Lebenswelt und baut niedrigschwellig Brücken ins Hilfenetzwerk. Die Begleitung der Eltern bei schwierigen Erziehungsfragen und die Vermittlung zu Fachstellen und Facheinrichtungen sind die wirksamen Instrumente, um suchtmittelkonsumierende junge Menschen zu erreichen und gemeinsam gesunde Perspektiven zu entwickeln.
PRÄVENTION AUSBAUEN!
Mit großer Sorge beobachtet Condrobs den Wandel in der Jugendkonsumkultur, der sich nicht zuletzt auch in der Rap-Musik widerspiegelt: War früher Cannabis die bevorzugte Droge im Hip-Hop, gehören heute harte Drogen zur Szene. „Wir können nicht untätig bleiben, wenn junge Menschen ihr Leben und ihre Zukunft aufs Spiel setzen!“ fordert Kronthaler.
Der zunehmende Konsum harter Substanzen ist möglicherweise auch als Folge der pandemiebedingten Einschränkungen zu interpretieren. Zahlreiche Studien zu den Auswirkungen der Pandemie auf Jugendliche zeigen bereits, dass sich die besondere Belastung der Jugendlichen vermehrt in depressiven Symptomen und Ängsten widerspiegeln.
Condrobs ruft deshalb zu einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung auf, die vermehrt auf Prävention, Risikoaufklärung und Safer-Use-Strategien setzt.
Es müssen schnell Strategien entwickelt werden, die es Jugendlichen ermöglicht, sich für eine altersgemäße und gesunde Entwicklung in größeren Gruppen Gleichaltriger zu treffen, Vereinssport zu betreiben und Freizeitangebote wahrzunehmen.