Vergangene Woche wurde die bayerische Kriminalstatistik für 2022 veröffentlicht. Und leider offenbart sie eine sehr traurige Tatsache: Die Anzahl an verstorbenen Drogengebraucher*innen ist im Vorjahresvergleich wieder angestiegen, von 255 im Jahr 2021 auf 277 im vergangenen Jahr. Eines ist klar: Viele dieser Tode hätten verhindert werden können.
Kein Mensch sollte an den Folgen seiner Erkrankung versterben müssen, wenn unser Hilfesystem dies verhindern könnte. Das bayerische Suchthilfesystem ist zum Glück gut aufgestellt, aber nicht ausreichend. Als letzter Baustein der Überlebenshilfen fehlen in Bayern Drogenkonsumräume, die einen hygienisch sicheren, sauberen und ruhigen Konsum unter Aufsicht, mit weiterführenden Beratungsangeboten, ermöglichen. Zudem wird die Ausbreitung von Infektionskrankheiten verhindert, da z.B. Spritzen nicht weitergegeben werden können. In Fällen von Überdosierungen ist erste Hilfe schnell zur Hand, so dass diese notfallmedizinisch nicht so aufwendig werden und die Mortalitätsrate geht messbar schnell zurück.
Drogenkonsumräume bedeuten Verantwortung
In München bzw. bayerischen Städten würden Drogenkonsumräume an bereits bestehende Suchthilfeeinrichtungen angedockt werden. Das Beispiel der Stadt Karlsruhe zeigt, dass es vorteilhaft ist, wenn ein Konsumraum an ein gut funktionierendes anderes Angebot der Suchthilfe direkt angeschlossen wird.
Das Betreiben eines Konsumraums bringt eine hohe Verantwortung mit sich. Verantwortung sowohl für unsere Klientel, deren Überleben wir sichern wollen. Aber auch Verantwortung für die Sicherung des öffentlichen Raums und damit eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Mit mehr als 50 Jahren Erfahrung in der Suchthilfe weiß Condrobs genau, was ein Drogenkonsumraum alles mit sich bringen kann. Aber genauso deutlich wird von uns der gesamtgesellschaftliche Nutzen gesehen.
Ein wichtiger Baustein
Weltweit bestehende Studien zeigen, dass Drogenkonsumräume ein wesentlicher Baustein der Überlebenshilfe in der Suchthilfe sind, in Ergänzung zu niedrigschwelligen Angeboten (Streetwork, Kontaktläden, niedrigschwellige Arbeitsprojekte, Notschlafstellen), einer flächendeckenden Substitution (von der wir noch weit entfernt sind, vor allem auf dem Land) und Naloxonvergabe inkl. Anwender*innenschulungen.
Was die Sicherung des öffentlichen Raums betrifft inkl. Zusammenarbeit und Kooperation mit Anwohner*innen und Gewerbetreibenden in der unmittelbaren Nachbarschaft, haben wir jahrzehntelange Erfahrung durch unsere Arbeit in den Kontaktläden (Tagesaufenthalt, Essensausgabe, niedrigschwellige Beratung, Safer-Use-Beratung, Naloxontraining, Beschäftigungsangebote für Drogenkonsument*innen). Durch Präsenz der Kolleg*innen in der unmittelbaren Umgebung, Aufstellen und Umsetzen eines klaren Regelwerks im Kontaktladen, intensive Beziehungsarbeit mit der Klientel und letztlich einer guten Zusammenarbeit mit den lokalen Kontaktbeamt*innen der Polizei, gelingt es uns an allen unseren Standorten in München, Ingolstadt und Würzburg, für ein sauberes Umfeld sowie Ruhe für die Menschen in der Umgebung zu sorgen.
Gesamtgesellschaftlich sichernd und problemlösend
Ergebnis der Evaluierungen des European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction weisen viele Städte weltweit überzeugende Erfolge durch Drogenkonsumräume auf: Die Todeszahlen sinken, schwervermittelbare Konsument*innen finden Anschluss ans Hilfesystem, der Drogenkonsum in der Öffentlichkeit wird reduziert. Drogenkonsumräume sind ein Mittel der Prävention des Drogenhandels und zusätzlich steigt das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung, da die kommunalen Behörden Lösungen für Drogenprobleme finden. Drogenkonsumräume wirken gesamtgesellschaftlich sichernd und problemlösend.
Aus diesem Grund setzt sich Condrobs im Bündnis mit zwei Wohlfahrtsverbänden, anderen bayerischen Suchthilfeträgern und Einrichtungen der Suchthilfe (Caritas, Prop e.V., Mudra e.V., Drogenhilfe Schwaben, Drugstop Regensburg e.V., Der Paritätische Landesverband Bayern) für die Einrichtungen von Drogenkonsumräumen auch in Bayern ein. Unterstützung erfahren wir dabei von der Stadt München, die potenzielle Betreiberin eines Modellprojekts wäre.