Zum feministischen Gedankenaustausch lud Condrobs am 14. März 2024 ins Theater Drehleier in München. Rund 140 Frauen*, darunter zahlreiche Vertreter*innen aus der Landes- und Kommunalpolitik, aus der sozialen Arbeit und Wissenschaft diskutierten gemeinsam die Frage, was Frauen* dem Antifeminismus und der Stigmatisierung von Minderheiten durch rechte Kräfte entgegensetzen können. Moderatorin Susi Krauseneck führte durch einen spannenden Abend, der großes Engagement und Solidarität unter den Frauen* erwies, sich gegenseitig zu unterstützen und gemeinsam aktiv gegen Rechts zu stellen. Mitreißend demonstrierte die junge Münchner Rapperin und Aktivistin Gündalein den Mut, als schwarze Frau* sichtbar und laut zu sein. Die Condrobs-Frauen*-Einrichtung VIVA CLARA verwöhnte die Anwesenden mit kulinarischen Häppchen.
Gemeinsam aktiv gegensteuern
Condrobs-Vorständin Katrin Bahr rief dazu auf, rechte Strategien aufzudecken, gemeinsam aktiv gegenzusteuern und sich schützend vor die teils schwer erkämpften Gleichstellungsrechte zu stellen. „Dies geht nur im Miteinander und im Bündnis der Netzwerke, die auch hier im Frauen*salon anwesend sind,“ so Bahr. Sie machte in ihrer Begrüßung deutlich, wie rechte und rechtsextreme Parteien agieren: „Regierungen, in denen rechtspopulistische Systeme an der Macht sind, kippen sehr schnell nach der Machtübernahme Gleichstellungsrechte, um die Vorherrschaft rechtsgesinnter weißer Männer zu sichern, die in ihrer Ideologie einer ‚natürlichen Ordnung‘ entspringt. Konkret würde dies bedeuten, käme die AfD in Deutschland an die Macht, wären die Rechte von Frauen, queeren und non-binären Personen sowie Menschen mit Behinderungen bedroht, würden Migrant*innen ausgewiesen werden und der Antisemitismus würde sich ungehindert bahnbrechen.“
Demonstrationen gegen Rechts machen Hoffnung
Dr. Sophia Berthuet, Abteilungsleitung Integrations-, frauen*- und genderspezifische Hilfen in München, Condrobs e. V. betonte, die Demonstrationen gegen Rechts im ganzen Land machten Hoffnung und zeigten, dass die Mehrheit immer noch für Werte wie Gleichberechtigung, Vielfalt und gegen Rassismus steht. „Lasst uns Fakten sammeln und Vorurteilen entgegenwirken, indem wir mehr Menschen und vor allem Frauen* einbeziehen, die bis jetzt noch keine so laute Stimme in unserer Gesellschaft haben. Lasst uns Allianzen schmieden!“, so Berthuet.
Konstruierte Feindbilder
In ihrem Impulsvortrag gab die Vertreterin der Fachstelle für Demokratie der Landeshauptstadt München einen Einblick in die Diskursstrategien von Rechts. Die Abwehr demagogischer Agitation sei immer doppelt anstrengend, aber es lohne sich, ermutigte sie die Anwesenden.
Eine aktuelle Studie der Fachstelle zur Demokratiezufriedenheit in München brachte an den Tag, dass in München ein geschlossenes rechtes Weltbild, das mehrere oder alle Minderheiten bzw. vulnerablen Gruppen abwertet, (noch) kaum ausgeprägt sei. 30% der befragten Münchner*innen jedoch haben im vergangenen Jahr rassistische oder Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts erfahren. Rechte Verschwörungsideologien, so erläuterte die Expertin, konstruierten ein Feindbild, das ‚den normalen Leuten‘ oder ‚dem Volk‘ zwei Gruppen von Feindbildern entgegensetzt: Geflüchtete seien ’die Anderen‘. ‚Die Elite‘ oder ‚die da oben‘ wiederum beschränkten die Freiheit des Volkes, etwa durch Corona-Maßnahmen oder durch Klimaschutz. Die extreme Rechte proklamiert ihren Diskurs als Freiheitskampf für die ‚normalen Menschen‘, was den Freiheitsbegriff im Grundgesetz inhaltlich entkernt: Die Bedrohung der Freiheitsrechte großer Teile der Bevölkerung werde dabei bewusst ausgeblendet. Positive Beispiele, wie der demokratische Diskurs gewonnen werden kann, seien Bündnisse und Demonstrationen, bei denen die Zivilgesellschaft, Kirchenvertreter*innen und weitere Akteur*innen Hass und Drohbotschaften überstimmen. Grund zur Sorge, darin bestand unter den Anwesenden des Frauen*salons Einigkeit, mache es, dass viele Frauen* aus allen sozialen Schichten die AfD wählen. „Frau* zu sein, ist kein Garant, Feministin zu sein“, so brachte es eine Teilnehmerin auf den Punkt.
Rechte Stimmungsmache in den sozialen Medien
Svenja Schüürmann, Condrobs-Einrichtungsleiterin von zwei Jugendeinrichtungen in München, erläuterte, warum gerade junge Menschen, Männer* wie Frauen*, rechte Stimmungsmache in den sozialen Medien anspricht: In ihrer Identitätsfindung suchen sie Zugehörigkeit und Sicherheit. Kurze TikTiok-Videos bieten scheinbar die Antworten, die sie suchen. „Wir müssen mit ihnen in Kontakt gehen, Empathie zeigen für ihre Probleme, alternative Perspektiven bieten!“, appellierte Schüürmann. Sie betonte, dass es jedoch auch gegenteilige Strömungen gibt: junge Frauen*, die sich befreiten aus (familiären) patriarchalen Strukturen und sich aktiv gegen rechte Ideen und Ideologien stellen. Starke Frauen* seien extrem wichtig als Vorbilder.
„Unsere Stärke liegt in unserer Vielfalt, in der Gemeinschaft“
In der Salon-Diskussion ermutigten unter anderem die ehemalige Landtagsabgeordnete der SPD Natascha Kohnen dazu, auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren, dies helfe zu zeigen, wer ‚das Volk‘ wirklich ist. Solidarität und Vernetzung, das bekräftigten zahlreiche Frauen* in ihren Wortmeldungen, trügen dazu bei, ein tragfähiges Bündnis gegen Rechts zu schmieden. Auch in den sozialen Netzwerken müsse der Dominanz der AfD ein positiver Gegenentwurf entgegengestellt werden, etwa mit Bündnissen wie der Kampagne #reclaimtiktok. Gemeinsam könne es gelingen, eine „positive Bubble“ zu schaffen, auch auf Social Media die Stimme zu erheben und dominanter zu werden, dazu ermutigte Birgit Treml, Condrobs-Bereichsleiterin Hilfen für junge Menschen, Familien und Berufsintegration München. Miriam Vath, Geschäftsleiterin von LesCommunity e.V., berichtete, dass unter den Mitgliedern der queeren Communitys die Angst zunähme, Opfer von Hass und Diskriminierung zu werden, die wir für größtenteils überwunden hielten. „Populismus grenzt nicht nur Gruppen aus, sondern nährt damit Rechtsextremismus und ist in der politischen Mitte angekommen“, so Vath. „Wir alle sind gefordert, aktiv gegen diese Bedrohung, diese Hetze vorzugehen.“ Vaths Appel: „Unsere Stärke liegt in unserer Vielfalt, in der Gemeinschaft. Solidarität darf nicht selektiv sein!“
Gegen alle Formen von Unterdrückung und Diskriminierung
Die 22-jährige Rapperin Gündalein brachte ihre Botschaft so auf den Punkt: „Feminismus ist intersektional. Queer und Trans. Antirassistisch, antikapitalistisch und antifaschistisch. Gegen alle Formen von Unterdrückung und Diskriminierung. Der 8. März ist feministischer Kampftag. Doch dieser Kampf ist nicht nur an einem, sondern an jedem Tag.“ Miriam Vynograd von der Europäischen Janusz Korczak Akademie e.V. brachte die jüdische Perspektive ein. Sie stellte Projekte für Jugendliche und für Frauen zur Verständigung zwischen den Religionen vor, die dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und durch Bildung und Aufklärung ein respektvolles Miteinander zwischen verschiedenen Communitys zu ermöglichen. Vynograd appellierte an die Solidarität von Frauen*netzwerken: „Wir wünschen uns, dass Frauen* gemeinsam die Stimme erheben gegen den antifeministischen Akt der Hamas des 7. Oktober 2023“.
Condrobs-Vorständin Bahr dankte den Teilnehmenden für den vertrauensvollen und konstruktiven Austausch. Ihr Fazit: Solidarität ist der Schlüssel für feministische Netzwerke und zur Gleichberechtigung aller Menschen in der Demokratie: „Lasst uns das nach draußen tragen!“